Freimaurerorden

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der Großen Landesloge der Freimaurer von Deutschland.

Das Hauptthema in dieser Ausgabe:

Das Verbot der Freimaurer im Nationalsozialismus

Drei Fragen an Br. Werner H. Heussinger zum Thema

»Br. Leo Müffelmann (1881 – 1934) – Retter der Freimaurerei in der dunklen Zeit des Nationalsozialismus«

1. Wer war Leo Müffelmann?
2. Warum waren für Leo Müffelmann der Frieden und die Freiheit so entscheidend?
3. Was hat Leo Müffelmann ganz konkret gemacht?
Auf ein Wort

mit dem Freimaurerorden.

Vor 90 Jahren, am 17. August 1935, wurde die Freimauerei durch die Nationalsozialisten in Deutschland als „verschwörerischer Geheimbund“ verboten. Es begann die sogenannte „Dunkle Zeit“. Über die Hintergründe und die teils bis in die Gegenwart hineinwirkende NS-Propaganda sprach WDR-Zeitzeichen mit Landesgroßredner Br. Werner H. Heussinger im Hörfunk der ARD; er ist Co-Autor des Buches »Freimaurer in Deutschland zwischen den Weltkriegen: Verfolgt, verboten, wiederauferstanden«.

Leo Müffelmann ist es letztlich zu verdanken, dass das freimaurerische Licht in der dunklen Zeit des Nationalsozialismus niemals erlosch und in Palästina diese Zeit überdauerte, um von dort wieder 1949 in die deutsche Freimaurerei eingebracht zu werden.

Br. Werner H. Heussinger

Wer war Leo Müffelmann?

Br. Werner H. Heussinger:

Leo Müffelmann ist den meisten Menschen außerhalb der Freimaurerei eher unbekannt. Zu Unrecht: Ihm ist es mit zu verdanken, dass die Freimaurerei in ihrer jetzigen Form in Deutschland existiert. Leo Müffelmann hatte sich im Spannungsfeld der Weimarer Republik zwischen dem aufkommenden Nationalsozialismus, dem Humanismus und dem Liberalismus bewegt. In einer Zeit, in der ein falsches Wort schnell die eigene Existenz bedrohen konnte, stand er geradlinig zu seinen Überzeugungen. In der Depression und in dem gesellschaftlichen Dunkel, das über Deutschland hereinbrach, ging er seinen eigenen Weg und ließ sich schlichtweg nicht unterkriegen. Dafür bezahlte er schließlich mit seinem Leben – er starb 1934 an den Folgen der Misshandlungen während seines Aufenthalts im Konzentrationslager Sonnenburg. Sein Erbe jedoch ist unsterblich.

Wenn man mit zwei Worten charakterisieren möchte, was programmatisch für Leo Müffelmann war, dann wären es diese: Frieden und Freiheit. Diese Begriffe zogen sich durch sein Leben und er ordnete sein gesamtes Handeln dem unter. Auch seine Dissertation 1902 in Philosophie beschäftigte sich mit der Fragestellung »Das Problem der Willensfreiheit in der neueren deutschen Philosophie«.

Er selbst wuchs in einem bürgerlich–liberalen Elternhaus auf; sein Vater Ludwig war schon vor dem Ersten Weltkrieg politisch aktiv und nach diesem in der nach damaligem Verständnis linksliberalen Partei DDP (Deutsche Demokratische Partei) aktives Mitglied. Leo selber engagierte sich nicht aktiv politisch, aber um so mehr freimaurerisch. 1913 wurde er von seinem Vater Ludwig in die Loge »Humanitas« in Berlin aufgenommen, ein Jahr später war er Kriegsteilnehmer.

Warum waren für Leo Müffelmann der Frieden und die Freiheit so entscheidend?

Br. Werner H. Heussinger:

Als Offizier sah Leo Müffelmann (Bild, privat: Leo Müffelmann als Leutnant, 1913) nicht nur seine Männer sterben, sondern nach dem Krieg auch, was aus Veteranen wurde. Es ist darum kein Wunder, dass er schon früh die Notwendigkeit der Hinwendung zum Frieden sah, wie es verständlicherweise viele Frontsoldaten taten. Er sah die Aufgabe darin, sich der Idee des »ewigen Friedens«, die Kant so formuliert hatte, immer weiter anzunähern – auch, wenn momentane politische Situationen das unmöglich zu machen schienen. Leo Müffelmann brachte es in einem Artikel 1916 auf den Punkt:

»Aber auch, wenn diese Einzelheiten nicht standhalten, braucht dies der allgemeinen Idee des ›ewigen Friedens‹ noch keinen Abbruch zu tun. Gerade die Heraushebung dieser Idee aus den historischen Bedingtheiten macht diese erst wertvoll. Der ›ewige Friede‹ ist nicht etwas, das man von heute auf morgen einführen kann oder soll. Das will auch Kant nicht. Darin ist er kein utopischer Träumer. Er sieht selber hier eins der ›schwersten Probleme der Menschengattung‹. Der ›ewige Friede‹ ist vielmehr ›eine Idee‹, er ist eine Aufgabe, die nach und nach aufgelöst, ihrem Ziele beständig näher kommt‹.«[1]

In der Freimaurerei sah er das Werkzeug, um auf dieses Ziel hinzuwirken. Vielleicht kann man sagen, dass er hier schon formuliert hat, was ihn sein ganzes Leben antreiben wird: die Arbeit für den Frieden und für die Völkerverständigung; die Freimaurerei als Mittel, als Wegbereiterin für die Politik; die einzelnen Brüder durch ihre freimaurerische Arbeit als Vorbild für dieses Ziel. Als Voraussetzung galt für ihn nach wie vor die Freiheit.

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[1] Müffelmann, Leo: »Kant und der Krieg«, in: »Bausteine« (Monatshefte der Provinzial-Großloge Hamburg in Berlin), Januar 1916, zitiert in: »Die alten Pflichten, Zeitschrift der Symbolischen Großloge von Deutschland«, Nr. 7, 1. Jahrgang 1931, S. 57 f.

Was hat Leo Müffelmann ganz konkret gemacht?

Br. Werner H. Heussinger:

Sein Einsatz (Bild, privat: Leo Müffelmann, undatiert, Anfang der 1930er Jahre) für Frieden fand zur damaligen Zeit, nach dem Diktatfrieden des Versailler Vertrags, keine große Resonanz in der deutschen Freimaurerei. Er wurde von vielen Freimaurern und insbesondere Großmeistern – damals gab es in Deutschland zehn Großlogen –, teils aus Überzeugung, teils aus Angst vor Repressalien, immer mehr als »Last« angesehen. Müffelmann galt oftmals sogar als »Nestbeschmutzer«. So war man zum Teil letzten Endes froh, als er sich 1928 von der deutschen Freimaurerei verabschiedete. Aber Leo Müffelmann hatte einen Plan: Er ließ sich in Wien aufnehmen und gründete unter der Obhut der Österreichischen Großloge von Wien in Berlin Exillogen. Diese gründeten in Folge 1930 die Symbolische Großloge von Deutschland, die einen enormen Anstieg ihrer Mitgliederzahlen zu verzeichnen hatte – Leo Müffelmann war natürlich nicht der einzige Freimaurer in Deutschland, der die Entwicklung der deutschen Freimaurerei als besorgniserregend empfand. Direkt nach ihrer Gründung zählte die Großloge 27 Logen mit über 1000 Mitgliedern.

Diese Großloge war das Vehikel, das es ermöglichte, die Freimaurerei in Palästina aufzubauen und dort das Licht der deutschen Freimaurerei überdauern zu lassen. Während des ganzen Krieges konnte die Symbolische Großloge von Deutschland im Exil »mit Bewilligung der Regierung ungestört arbeiten«.[1] Sie war somit, neben der Großen Loge von Hamburg, deren freimaurerisches Licht 1935 nach Valparaiso, Chile, gebracht wurde, die einzige deutsche freimaurerische Großloge, die es nach dem Verbot der Nationalsozialisten gab und die symbolisch das freimaurerische Licht in der Zeit des Nationalsozialismus verwahrte. Die Symbolische Großloge von Deutschland im Exil ging im November 1949 in der Großloge von Israel auf.

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[1] Brief von Emanuel Propper (Großmeister der Symbolischen Großloge von Deutschland im Exil) vom 15.08.1947 an Ronald Müffelmann (Bruder von Leo Müffelmann).

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