Freimaurerorden

Geschätzter Leser

Sie lesen hier den aktuellen Newsletter zur Homepage der Großen Landesloge der Freimaurer von Deutschland.

Die Themen in dieser Ausgabe:

I. Drei Fragen an Br. Peter Sommerer:

1. Welche Rolle spielt die Musik in der Freimaurerei?

2. Welche Funktion haben Kunst und Kultur im gesellschaftlichen Kontext?

3. Welchen Stellenwert hat die Musik in Deinem Leben?

II. Standpunkt und Denkanstoß:

Was hat es mit dem biblischen Tempelbau Salomos auf sich?

Auf ein Wort

mit dem Freimaurerorden.

Der österreichische Dirigent Peter Sommerer, Landesgroßmusikmeister der Großen Landesloge der Freimaurer von Deutschland / Freimaurerorden, ist seit Beginn des Jahres 2021 Chefdirigent und künstlerischer Leiter der Sächsischen Bläserphilharmonie, die für die erste gemeinsame CD Einspielung “La Valse” (Hänssler classic) mit dem “Opus Klassik” als Ensemble des Jahre 2023 ausgezeichnet wurde. Neben seiner Verpflichtung bei diesem in Deutschland einzigartigem Orchester, ist er auch international als Gastdirigent gefragt. So gab er zu Beginn der Spielzeit 2019/20 mit dem Orquesta Sinfónica de la Universidad de Guanajuato Bucheon Philharmonic sein gefeiertes Debüt in Mexiko. Von 2012-2019 war Br. Peter Sommerer Generalmusikdirektor des Landestheaters Schleswig-Holstein.

»Musik schafft Räume, in der das eben Gesehene, Gehörte, besser noch: Erlebte, im wahrsten Sinne nachklingen kann, oder vorab eine Bereitschaft, eine Atmosphäre erzeugt, die die psychologische Verbindung zu sich selbst, mit anderen und mit dem Erlebten verbindet.«

Br. Peter Sommerer

Welche Rolle spielt die Musik in der Freimaurerei?

Br. Peter Sommerer:

Wie bei allen rituellen Kontexten, durch die Jahrtausende und über alle Kontinente, hatte und hat Musik eine ganz spezifische und intensive Funktion. Da ist die Freimaurerei keine Ausnahme, wenngleich sich die Intensität der Anwendung über die Jahrhunderte immer wieder verändert hat. Die Bandbreite reicht dabei von einfachen, einstimmig gesungenen Liedern, so wie es heute auch noch geschieht, bis hin zu Kompositionen für Männerchor und Orchester (Mozart, Lortzing, Eberwein, aber auch Zeitgenössisches), die mit logeneigenen Kräften (die Logen hatten teilweise um die dreihundert Mitglieder, darunter viele Musiker, Opernsänger und Theaterleute) zu besonderen Anlässen aufgeführt wurden. Auch war das Selbtsverständnis des Gesangs vor einhundert Jahren noch ein ganz anderes, daher verwundert es nicht, dass in eigens gedruckten Liederbüchern um 1910 für einzelne Logen, bis zu achststimmige Liedsätze zu finden sind.

Das häußliche oder logeninterne Musizieren war sozusagen das “Spotify” des 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts.

Die Funktion der Musik ist wesentlich tiefgreifender als nur “schmückendes Beiwerk”. Wie oben angesprochen bedienten sich alle Kulturen ritueller Musik, sei es religiös-spirituell oder weltlich-politisch. Sie schafft Räume, in der das eben Gesehene, Gehörte, besser noch: Erlebte, im wahrsten Sinne nachklingen kann, oder vorab eine Bereitschaft, eine Atmosphäre erzeugt, die die psychologische Verbindung zu sich selbst, mit anderen und mit dem Erlebten verbindet. Der Grad der musikalischen Vorbildung ist dabei nicht ausschlaggebend. Insbesondere live gespielte Musik (ich möchte das dezidiert nicht auf klassische Musik beschränken!) vermag es, das Publikum “in Schwingung zu versetzen”. Das Erstaunliche ist, dass diese Wirkmacht der Musik, unabhängig von Sprache, auf der ganzen Welt funktioniert. Ich bin immer wieder erstaunt und begeistert zugleich, dass dieselben Werke, unabhängig von der umgebenden Kultur des Landes, von Orient bis Okzident, diesen Zauber entfalten.

Welche Funktion haben Kunst und Kultur im gesellschaftlichen Kontext?

Br. Peter Sommerer:

Ebenfalls eine sehr spannende Frage, da aktuelle Kürzungen der Kulturbudgets mehr oder weniger laut debattiert werden. Ich werde nicht müde, bei zahlreichen Gesprächen mit politischen Entscheidungsträgern, sowohl auf kommunaler als auch auf Landes- und Bundesebene, immer wieder zu betonen, wer bei der Kultur spart, hat die nächste Generation bereits aufgegeben. Das meine ich leider sehr ernst, denn ich sehe bei zahlreichen Konzertformaten, vom Babykonzert angefangen, bis hin zu Musik vermittelnden Formaten für die älteren Generationen, welche gesellschaftspolitische Wirkung damit erzielt wird. Kunst wird erst im Dialog zur Kultur, das bedeutet, erst im Erleben eines Publikums, wird das “Kunstwerk”, egal ob Oper, Symphonie, Bild, Skulptur, Installation, Rockkonzert, was per se schon Kunst ist, zur Kultur. Deshalb sind die sogenannten “Kulturschaffenden” nicht die Künstlerinnen und Künstler alleine, sondern das Publikum, das ja keine undefinierte Masse ist, sondern eine Vereinigung individuell Erlebender, was auch dazu gehört!

Und aus dieser Kultur wird ein Beziehungsgenerator. Das kulturelle Erleben des Einzelnen, sei es im besten Fall erfüllend, fragend, emotionalisierend, oder manchmal auch verstörend, schafft eine Verbindung mit denen, die dasselbe sehen und/oder hören, aber eben ganz individuell erleben. Der nonverbale und verbale Austausch darüber, währenddessen und danach, ermöglicht einen gemeinsamen Umgang, eine Metaebene der Auseinandersetzung. Besonders zu Corona-Zeiten hat man gesehen, wie sehr diese Metaebene gefehlt hat. Begegnungen, sofern sie stattgefunden haben, waren sofort auf die Frage zurückgeworfen, ob man dafür oder dagegen ist. Die Möglichkeit des gemeinsamen Erlebens ist meines Erachtens eine tiefgründige Notwendigkeit des Menschseins. Das wussten auch unsere Vorväter der Logen des 18. Jahrhunderts. Viele Meisterwerke würde es heute nicht geben, wenn Logen nicht die Konzert- und Kulturveranstalter außerhalb der Höfe gewesen wären. So wurden z.B. die “Pariser Symphonien” von Joseph Haydn von der Loge “Olympique” in Auftrag gegeben. Ich bin davon überzeugt, dass in diesem Geist unsere Logen wieder als gesellschaftliche Begegnungsorte gefragt sind. Mit offenen Türen an der richtigen und geschlossenen Türen an der besonderen Stelle. Somit kann die Musik und die Freimaurerei ihre Wirkung auch für nachkommende Generationen bewahren, weiterentwickeln und entfalten.

Welchen Stellenwert hat die Musik in Deinem Leben?

Br. Peter Sommerer:

Eine sehr leicht und gleichzeitig nicht ganz einfach zu beantwortende Frage. Ich möchte damit beginnen, dass ich von großer Dankbarkeit und Demut erfüllt bin, als Dirigent die unglaubliche Vielfalt der Musik leben und gestalten zu dürfen.

Ich komme aus einer musikalischen Familie, meine Eltern waren als Gesangssolisten besonders im kirchenmusikalischen Bereich tätig, aber auch meine Großeltern sowohl mütterlich- als auch väterlicherseits haben schon im Kirchenchor gesungen oder Geige gespielt. Meine Geschwister sind heute in der sogenannten Popularmusik, meine Schwester als Sängerin, mein Bruder als Musiker und Produzent, tätig. Nicht erst seit ich mich aktiv erinnern kann, schon weit davor war ich von Musik umgeben, was sich bis zum heutigen Tag nicht geändert hat. Das ist der einfache Teil der Frage.

Gewiss, wie oft habe ich sehr wohlmeinend gehört: “Du hast Dein Hobby zum Beruf gemacht”, doch kann ich für mich sagen, dass sich die Musik noch nie, auch als Kind oder Jugendlicher, wie ein Hobby angefühlt hat. Was ein “Hobby” ist, habe ich erst im Erwachsenenalter bewusst erfahren, wie z.B. der Fechtsport. Der Schritt der ein gemeinsames Musizieren, das den Ausführenden “Freude bereitet”, auch ein Publikum erreicht, sprich: die Bühnenkante überwindet, ist von außen betrachtet räumlich nicht so groß, im Inneren stößt man jedoch ein Universum auf, das im Außen nicht so leicht zu beschreiben ist. Ich möchte es dennoch gerne versuchen:

Um das Überwinden der vorhin angesprochenen Bühnenkante zu erreichen, braucht es eine Wahrhaftigkeit im Musizieren, damit das sogenannte “musikalische Momentum” entstehen kann, zwischen den Ausführenden, aber auch mit dem Publikum. Vereinfacht ausgedrückt gibt es in der Zeit des Musizierens nichts Wichtigeres auf der Welt, als das verwandeln der Partitur, der gedruckten Noten, in echtes Leben.

Das heißt für mich auch, dass es immer einen Teil in mir gibt, der mit diesem Kosmos verbunden ist. Für mein privates Umfeld ist das mitunter anstrengend, das muss ich zugeben. Besonders in Phasen von Endproben oder Konzertwochen bin ich zwar anwesend, aber trotzdem nicht da. Und deshalb bin ich meiner Frau, meiner Familie sehr dankbar, dass sie das mittragen und auch mitleben.

Denkanstoß: Was hat es mit dem biblischen Tempelbau Salomos auf sich?

von Br. Werner H. Heussinger, Landesgroßredner

von Br. Werner H. Heussinger, Landesgroßredner

Das zentrale Element im freimaurerischen Ritual ist der Bau eines Tempels – in Anlehnung an den biblischen Tempelbau Salomos. Dies ist natürlich symbolisch und spekulativ gemeint, es wird kein tatsächlicher Tempel erbaut. Der Tempel steht für das Heilige – eigentlich das Heilige in uns selbst.

Das Heilige ist das, wo das Profane aufhört, nämlich unsere Welt, unsere Zeit, unser Raum, unser alltägliches Denken und Handeln – alles das, was unser weltliches Leben ausmacht. Dieser heilige Raum in der heiligen Zeit wird letztlich in uns selber errichtet: der innere Tempel.

Der Begriff „mystisch“ wird oft falsch verstanden und ist dadurch negativ besetzt. Es bedeutet schlicht und einfach, dass es sich um den Weg nach innen, den Weg der Selbst- und Gotteserkenntnis handelt.

Es bedeutet auch einfach „stille zu sein“, wirklich innerlich schweigen zu können in dem Sinne, in dem die alten Mystiker sagten: „Wenn der Mensch schweigt, redet Gott“. Nur wer schweigt, vernimmt die innere Stimme. Nur wer seiner inneren Stimme lauscht findet den Weg, zu seinem inneren Tempel.

Bei Freimaurern ist der mystische und initiierende Übungsweg das Ritual, die Übung in der Gemeinschaft und die Umsetzung in der Gesellschaft.

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Podcast No. 1 – „Mensch und KI in der Demokratie“.
Podcast No. 2 – „Geistige Werkzeuge der Freimaurerei“
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